Wenn Sie weitere außergewöhnliche Pilz-Fakten kennen, nehme ich dieses gern hier auf. Einfach eine Kurzbeschreibung oder einen Link über das Kontaktformular senden. Geeignete Vorschläge werde ich dann - wenn gewünscht mit dem Namen des Anregenden - nach eingehender Recherche veröffentlichen.
Wußten Sie, dass ...
... Pilze es in höchstprämierte Kreise geschafft haben?
Ja - unglaublich, aber wahr - der im Jahr 2017 weltweit höchstprämierte Gin stammt aus
Deutschland. Genauer gesagt aus dem schönen Schwarzwald. Was das mit Pilzen zu tun hat?
Nunja - gebrannt ist das mehrfach vergoldete Tröpfchen mit Trüffeln, noch genauer mit der
auf kalkhaltigen Böden auch im restlichen Deutschland vorkommenden Burgundertrüffel - Tuber
aestivum. Ob die globale Begeisterung der Juroren nun auf der Tatsache des Zusatzes des
schwarzen Goldes beruht oder der Sorgfalt der Traditions-Destillerie geschuldet ist - wer weiß,
wahrscheinlich jedoch liegt es am Zusammenspiel aller Komponenten.
... Pilze gegen die multiresistenten Bakterien helfen sollen?
Nach der Entdeckung des Penicillin im Jahre 1928 durch Alexander Fleming ist 73 Jahre
danach durch dänische Forscher ein Wirkstoff entdeckt worden, der gegen Bakterien,
vorrangig Pneumokokken wirksam ist, aber auch gegen multiresistenten Staphylokokken. Es
handelt sich dabei um Plectasin, welches aus dem Glänzenden Schwarzborstling
(Pseudoplectania nigrella) isoliert wurde.
... Pilze bereits zu den ersten Nahrungsmitteln der Menschheit gehörten?
Forscher des Max-Planck-Instituts wiesen im Jahre 2015 anhand eines fossilen Fundes
aus Spanien nach, dass bereits unsere Vorfahren aus dem Jungpaläolithikum (etwa vor
18.000 bis 12.000 Jahren) Pilze verzehrt haben müssen. Sie fanden im Zahnstein
Mikrorückstände u. a. von Pilzen. Somit ist dies ein älterer Nachweis von Verzehr und
Nutzung von Pilzen durch den Menschen als dies der Tiroler Fund von Ötzi war. Derzeit'
wird die Anzahl der Arten weltweit auf 4 bis 6 Mio Arten geschätzt.
... Pilze jeden Formel-1-Wagen hinter sich lassen?
Ascobolus immersus, der Winzige Kotling - ein Pilz im Geschwindigkeitsrausch. Diese
aberwitzige Aussage hält stand, obwohl wir doch wissen, dass sich Pilze im Normalfall nicht
von der Stelle rühren.
Die auf Pferde- und Kuhdung wachsende Pilzart ist eine von vieren (Ascobolus immersus, Podospora anserina, Pilobolus kleinii und Basidiobolus ranarum), die ein amerikanisches Forscherteam im Jahre 2008 beim Abfeuern seiner Sporen gefilmt und die Geschwindigkeiten gemessen und dokumentiert hat. So beschleunigt das Sporenkatapult von A. immersus auf etwa das 180.000fache der Erdbeschleunigung. Diese Art der Sporenverbreitung ist nicht ungewöhnlich.
Viele Pilzarten besitzen eine Art Katapult, mit dem Einzelsporen oder Sporenpäckchen in
die Luft geschossen werden. Bisher sind allerdings die Geschwindigkeiten nur errechnet
nur nicht gefilmt worden.
Bei den vorgenannten Arten handelt es sich ausschließlich um welche, die einen
eingebauten Abschussapparat besitzen. Nicht zu verwechseln sind in diesem
Zusammenhang Pilze, die Ihre Sporen durch mechanischen Einfluss von außen
verbreiten, wie z.B. Stäublinge.
... Pize unsere Nacht erhellen?
Natürlich machen sie die Nacht nicht zum Tage, aber auch im Pilzreich gibt es die
sogenannte Bioluminszenz, die beispielsweise von Glühwürmchen oder von Lebewesen
der Tiefsee bekannt ist.
Und um diese Wesen zu finden, müssen wir nicht in die Tropen reisen. In unseren
heimischen Wäldern ist es wiedermal der Hallimasch, der mit der Fähigkeit des Leuchtens
ausgestattet ist. Allerdings ist es bei ihm tatsächlich nur das Myzel, an welchem
Bioluminiszenz entdeckt wurde. Eine andere Art der "Leuchtpilze" ist der Ölbaumtrichterling,
eine gifige, dem Pfifferling ähnlich sehende Pilzart, die in Deutschland nur an ganz wenigen
Orten bisher gefunden wurde. Bei ihm sind es auch tatsächlich die Fruchtkörper, die ihre
sanftes grünes Licht aussenden.
Eine weitere Art sei erwähnt: Panellus stipticus, der Herbe Zwergknäueling, der in
Deutschland sehr häufig vorkommt. Allerdings leuchten in seinem Falle nur die Fruchtkörper
der amerikanischen Vorkommen. Einige Händler haben es möglich gemacht, dass man diese
selbst nachzüchten kann. Ob es funktioniert, kann ich an dieser Stelle nicht sagen - ein
Experiment dieser Art steht noch auf meiner Agenda. Zu finden sind Angebote im Internet
unter dem oben genannten wissenschaftlichen sowie deutschen Namen, aber auch unter so
fantasievollen, wie Feenfeuer oder Geisterpilz.
Alle bisher bekannten Pilze mit der Fähigkeit des Leuchtens, sei es Myzel oder Fruchtkörper,
sind wohl holzbewohnende Arten, die also problemlos nachgezüchtet werden können - so die
perfekten Bedingungen vorliegen.
.. der älteste Nachweis eines Pilzfruchtkörpers 115 Mio. Jahre alt ist?
In Kalkstein verewigt wurde dieses einmalige Pilz-Fossil im Jahre 2017 in Brasilien gefunden.
Datiert wurde es von Forschern auf 115 Mio. Jahre. Die Entwicklungsgeschichte der Pilze ist bereits sehr viel älter und reicht bis zu 1,4 Milliarden Jahre zurück. Dieser Nachweis eines versteinerten Pilzfruchtkörpers ist allerdings einzigartig, denn andere fossile Funde waren bisher nur in Bernstein eingeschlossen gefunden.
Foto: Photo by Jared Thomas/Drawing by Danielle Ruffatto
Quelle: ntv, Fundsache Nr. 1353
Die Ursache dafür, dass Gondwanagaricites magnificus - so der Name, der dem Fundstück gegeben wurde - wie alles mit einer sehr kurzen Lebensdauer von wenigen Tagen, eine Versteinerung nur unter ganz bestimmten und seltenst zusammenkommenden Voraussetzungen möglich ist.
... es wahre Räuber und Fallensteller im Pilzreich gibt?
Klingt nach wahren Monstern. Aber keine Panik, es besteht nicht die geringste
Gefahr für uns Menschen, von Pilzen angeknabbert zu werden. Sicher gibt es
unangenehme und gesundheitsgefährdende Pilzarten, so z.B. Nagel-, Haut- und
Darmpilze - aber von diesen soll hier nicht die Rede sein.
Wieder in den Focus geraten sind die sogenannten Raubpilze durch fossile Funde
karnivorer (fleischfressender) Pilze in Bernstein im Jahr 2007 durch französische
Forscher im südwestlichen Frankreich.
U. a. kommen nematophage (sich von Nematoden, also Fadenwürmern
ernährende) Pilze vor. Wie im übrigen gesamten Pilzreich sind auch hier die Vor-
gehensweisen verschieden. Die einen legen Schlingen aus, die auf Berührung
reagieren, andere bilden klebrige knotenartige Fortsätze, an denen die "Opfer"
hängen bleiben. Allen gemein ist, dass sie ihre Beute festsetzen, mit Enzymen
aufspalten und die so frei gewordene Nährstoffe absorbieren.
Eine dieser Pilzarten, die sich u.a. auf räuberischer Basis ernährt, ist der Schopftintling.
Seine Taktik folgend, bildet er besondere knotenartige Hyphen aus, an denen die
Fadenwürmer hängen bleiben und zusätzlich ein Gift absondern, dass die in die Falle
getappten winzigen Tierchen tötet. Im Übrigen handelt es sich um einen Saprohyten, der
organisches Material zersetzt.
... Pilze Einzug in die Modewelt halten?
Eine niederländische Designerin kam auf eine wunderbare und außergewöhnliche Idee:
Kompostierbare Kleidung, hergestellt aus extra dünn gezüchtetem Pilzmyzel. Bleibt
abzuwarten, ob ein derartiges Textil sich durchsetzen kann :)
... Pilze effektiv gegen Pilze eingesetzt werden?
F500 heißt das Wundermittel, welches seit nunmehr
fast 15 Jahren weltweit Furore macht und sogar für
den Deutschen Zukunftspreis 2005 nominiert war,
denn dieses Pflanzenschutzmittel schützt die
Feldpflanzen nicht nur, sondern steigert durch
wachstumsfördernde sowie alterungshemmende
Eigenschaften für höhere Erträge.
Es muss ein wirklich großer Pilz sein, der so
berühmt werden kann - und genau das ist er nicht.
Einsam und klein hockt ein Fruchtkörper des
geheimnisvollen Streiters auf einem Kiefernzapfen -
und genau das war Hintergrund der Entdeckung. So
machte sich eines Tage der Biologe und Chemiker
Dr. Timm Anke Gedanken darüber, warum der Bittere
Zapfenrübling (Strobilurus tenacellus) stets nur ein
einziges Exemplar pro Zapfen hervorbringt und dazu
keine weitere Pilzart auf befallenen Kiefernzapfen zu
finden war. Eines war klar:
Der kleine Kerl musste irgendeinen Abwehrstoff
einsetzen, der ihn schützt. So extrahierte er das
Strobilurin, welches heute synthetisch nachgebildet
und auf der ganzen Welt zum Schutz der Pflanzen auf den
Feldern gegen Pilze, Roste und Mehltaue eingesetzt wird. Der Erfolg kam nicht über Nacht,
viel Arbeit steckt in diesem Produkt - war es in seiner ursprünglichen natürlichen Form recht
UV-empfindlich und zerfiel nach kürzester Zeit am Tageslicht. Wolfgang Steglich konnte durch
verschiedene chemische Reaktionen diese heruntersetzen und die Lebensdauer der
Substanz stabilisieren.
... Pilze für temperierte Räume sorgen?
Abfallprodukte aus der Landwirtschaft arbeiten hier eng mit Schimmelpilzen zusammen, die
nun eigentlich niemand im Haus haben möchte. Hierbei handelt es sich allerdings um
Trockenschimmel, der auf Maisstängeln und -blättern und/oder anderen landwirtschaftlichen
Nebenprodukten sein dichtes Fadengeflecht spinnen darf.
Das so entstandene Material wird nun getrocknet und kann schadlos als sogar feuerfeste
Dämmung eingesetzt werden. Die Idee entwickelte sich aus dem bereits eingesetzten
Verpackungsmaterial, welches aus Pilzen in ähnlicher Weise gewonnen wird. Die Testphase
läuft auf Hochtouren - bleibt abzuwarten, was passiert, sollte Feuchtigkeit in die Dämmung
gelangen.
... Pilze die Erdölproduktion steigern?
Schizophyllum commune, der Gemeine Spaltblättling.
Er ist der einzige Vertreter seiner Gattung in Europa.
Mit seiner Hilfe wird ein Biopolymer hergestellt,
welches das Wasser verdickt, das das Öl aus den
Poren des Gesteins wäscht. In vielen Erdöllagerstätten
ist die Förderung mit normal flüssigem Wasser
schwierig geworden, da es sich an den dickflüssigeren
Öltropfen vorbeischummelt und es nicht - wie gewollt
- vor sich herschiebt und somit aus dem Trägergestein
drückt.
So soll das vom Pilz hergestellte Biopolymer
Schizophyllan das Dichteverhältnis zwischen Öl und
Wasser wiederherstellen und die Förderung erleichtern
und steigern.
Wer mehr darüber wissen möchte, findet alles über das Projekt, welches derzeit bei
Wintershall in Arbeit ist:
http://www.wintershall.com/technologie/enhanced-oil-recovery/kleiner-pilz-mit-grosser-wirkung.html
... klassische Musik durch Pilze zum Klangerlebnis wird?
Auch hier kommt der Gemeine Spaltblättling zum Einsatz. Schweizer Forscher haben bei der
Klärung der Frage, warum die Stradivari-Geigen so hervorragende Klangeigenschafen besitzen
herausgefunden, dass das verwendete Holz mit dem weißfäuleerregenden Pilz befallen war. Er
macht durch die Zersetzung des Holzes die Zellwände dünner, das Material leichter, allerdings
ohne die Festigkeit des Materials zu schmälern. Somit wurde der Klang verbessert und die
Geigen klingen klarer. Die Schweizer Forschungseinrichtung Empa hat diese Holzveredelung
für Musikinstrumente bereits im Jahr 2006 zum Patent angemeldet.
... der größte gefundene Organismus auf der Erde ein Pilz ist?
Es handelt sich dabei um einen Hallimasch (Armillaria ostoyae), der in den USA im Bundesstaat Oregon gefunden wurde und dessen Myzel eine Fläche von ca. 900 Hektar umfasst. Sein Alter wird auf etwa 2.400 Jahre geschätzt und dürfte somit nicht nur das größte bisher entdeckte lebende Individuum, sondern auch eines der ältestesten sein.
... der Giftmord mit Pilzen seinen Anfang bereits in der Antike nahm?
Tatsächlich soll Kaiser Claudius von seiner damaligen Frau, es soll die vierte gewesen sein, Aggripina mit Namen, mit einem giftversetzten Kaiserlingsgericht aus dem Leben befördert worden sein. Als Grund wurde angegeben, dass sie damit ihrem Sohn Nero zum Thron verhelfen wollte.
... es Pilze gibt, die Flugzeugabstürze verursachen können?
Der Übeltäter stammt aus der Ordnung der Schlauchpilze und gehört zur Art
Amorphotheca resinae oder einfach Kerosinpilz. Er verstopft mit seinem Myzel beim
Wachstum die Kraftstoffleitungen und führt damit zu Problemen in Luft- und Schifffahrt.
... uns Pilze beim Verpacken helfen?
Komplett biologisch abbaubare Verpackungen sind eine der neuesten Innovationen. In Formbehältern werden Pilzmyzelien auf biologischem Material wie z.B. Bambus- oder Holzfasern gezüchtet. Das so entstehende Material ist sehr stabil, federleicht und absolut
ungiftig sowie vollständig kompostierbar. Es soll sogar vorstellbar sein, Möbelstücke daraus
herzustellen.
... bereits in der Steinzeit die Heilkraft der Pilze bekannt war?
Ötzi, der über 5.300 Jahre alte Gletschermann, trug einen Birkenporling bei sich, den er -
so wird vermutet - als Heilmittel gegen Magenbeschwerden und als Antibiotikum nutzte.
Auch heute ist ein Tee aus diesem Pilz gängiges Mittel gegen Sodbrennen (Eigenexperi-
mente haben gezeigt, dass es funktioniert) und einen nervösen Magen.
... ein Pilz die Wahl J. F. Kennedys zum US-Präsidenten erst möglich machte?
Phytophthora infestans heißt der Wahlhelfer, der die Knollen- und Krautfäule auslöst.
Die Hintergrundgeschichte stellt sich durchaus als sehr tragisch dar: Mitte des 19. Jahrhunderts
verbreitet sich der Pilz explosionsartig in Irland, der ursprünglichen Heimat der Kennedys. Der
Pilz, vernichtete fast die komplette Kartoffelernte mehrerer aufeinanderfolgender Jahre, so
dass durch die daraus resultierende Hungersnot über 1 Mio. Menschen starben und nochmals
die doppelte Menge Iren vor allem nach Amerika auswanderten. Darunter die Familie des
späteren Präsidenten der Vereinigten Staaten.
... Pilze bereits in der Bibel erwähnt sind?
Im 3. Buch Mose, Kapitel 14, Vers 33 - 52, wird von "aussätzige Stellen" in Häusern
gesprochen. Heute geht man davon aus, dass es sich dabei um den Echten Hausschwamm
(Serpula lacrymans) oder den Braunen Kellerschwamm (Coniophora puteana) handelt. Nach der
dortigen Beschreibung ist davon auszugehen, dass schon damals bekannt war, wie aggressiv
und zerstörend beide sein können. Noch heute ist der Befall von Gebäuden mit dem Echten
Hausschwamm meldepflichtig.
... Pilze afrikanischen Bauern gewinnbringend bei der Abfallbeseitigung helfen?
In Ghana verzeichnet man seit Kurzem gute Erträge mit Pilzanbau auf Maniokabfällen,
die früher einfach weggeworfen wurden. Die bei der Verarbeitung der traditionell
wichtigen Wurzel anfallenden, nicht unerheblichen Mengen an Abfall, leisten -
gehächselt und mit Sägespänen und Pilzsporen vermischt - als Substrat für den Anbau
von Pilzen. Da Maniok sich recht schnell zersetzt und die für die Pilze notwendigen
Nährstoffe bereits enthalten sind, lassen sich in kürzester Zeit durch das rasche
Wachstum der Pilze zusätzliche Gewinne für die Bauern erwirtschaften. Um welche
Pilzart es sich dabei handelt, konnte leider von mir noch nicht ermittelt werden.
Ein ähnliches Prinzip liegt seit einigen Jahren einem kleinen Unternehmen zweier junger
Briten zu Grunde. Sie nutzen den Kaffeesatz aus den Cafés der Umgebung als Substrat für
ihre Pilzzucht. Das Unternehmen ist so erfolgreich, dass bereits Boxen mit "Kaffeesatz-Pilz-
Substrat" für den Hausgebrauch via Internet zu erstehen sind. Das freut nicht nur die
beiden jungen Männer, sondern auch die Natur, denn der bei der normalen Zersetzung
von Kaffeesatz entstehende Methanausstoß wird wesentlich reduziert.
Kaffeesatz-Zucht-Sets sind mittlerweile auch bei deutschen Unternehmen erhältlich,
so z.B. bei
https://www.pilzzuchtshop.eu/pilzzucht-sets-fuer-kaffeesatz/